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Der größte Nager der Welt

Marcello R. Sanchez-Villagra, jetzt Tübingen, und seine beiden Kollegen aus Venezuela und den USA berichten in Science über die Rekonstruktion von Knochen- und Zahnfunden, die nicht weniger aufregend sind als die frühe Erkundung der Dinosaurier. Obwohl die Entdeckung bereits im Juni 2000 in Venezuela gewürdigt wurde, brauchte es weitere Funde und vergleichende Analysen, um die Zuordnung sicher zu machen.

"Phoberomys pattersoni" heißt das Nagetier. Nach den Vorstellungen der Wissenschaftler ist es ein monströses Meerschwein(chen), nämlich 1,30 Meter groß und 3 Meter lang. Es besitzt kräftige Hinterbeine und einen Schwanz zum Ausbalancieren, hinzu kommen die rassetypischen kurzen Vorderfüße. Die Zahnfunde bestätigen permanent nachwachsende Schneidezähne.

Der Fundort ist Urumaco am Golf von Venezuela und ein Eldorado für Paläontologen, die sich mit dem Miozän, der Zeit vor 24 bis 5 Millionen Jahren, befassen. Hier und in La Venta in Kolumbien erwarten die Wissenschaftler eine Flut neuer Erkenntnisse über die einstige tropische Fauna und Flora. Der Blick auf unsere heutige Karten täuscht: damals bestand keine Landbrücke zu Nordamerika, die Küste war anders geformt, und ein mächtiger Fluß durchzog die Gegend um Urumaco. Schildkröten und Krokodile waren vermutlich Nachbarn der Supermeerschweinchen.

Phoberomys pattersoni, das Supermeerschweinchen
Phoberomys pattersoni, das Supermeerschweinchen, zum Leben erweckt (Bild: Science, Illustration Carin Cain)
Luftaufnahme: Caracas und Cartagena
Die Region von Urumaco nahe dem Golf von Venezuela. Ziemlich in der Mitte der Luftlinie, die Caracas und Cartagena verbindet (Bild: Science)

Nager sind ungemein anpassungsfähige Säugetiere. Sie ernähren sich üblicherweise von Pflanzen. Dazu dienen die mittleren Schneidezähne: sie sind besonders groß und wachsen ständig nach. Das Kiefergelenk ist den reibenden Kaubewegungen angepasst. Mäuse, Ratten, Hörnchen, Meerschweinchen, Hamster und Biber sind hierzulande die bekanntesten Arten. Das größte Nagetier unserer Zeit heißt Hydrochaeris hydrochaeris (Capybara, Wasserschwein) und bringt bis 50 kg auf die Waage. In den Anden gibt es die seltene Familie der Dinomyidae: die Tiere werden bis zu 15 kg schwer.

Die Rekonstruktionen der Forscher fußen auf der Analogie zu den heute vergleichbaren Nagetieren. Viele Arten wurden in die Überlegungen einbezogen. Das Aussehen folgt den Berechnungen, die sich aus der Dicke und Dichte der Knochenfunde ergeben und sich an den heutigen Erkenntnissen über die Stabilität des Skelettsystems orientieren. Wahrscheinlich, so vermuten sie, lebten sie am Uferrand und fraßen Schilfgras, was wiederum ein den Wasserschweinen ähnliches Verhalten vermuten lässt.

R.McNeill Alexander von der Universität Leeds stellt in seinem begleitenden Kommentar in Science die Frage: "Warum sind die heutigen Nager so klein?" Der Biologe vermutet, dass die Lebensumstände große Nager benachteiligt: anders als Huftiere können sie ihren Feinden nicht davon laufen. Kleine Nagetiere hingegen sind flink und ziehen sich bei Gefahr in ihr Versteck zurück.

Solche Überlegungen lassen die Fragen offen, wie schnell die Supermeerschweinchen heranwuchsen, wie groß ihre Tragfähigkeit war, und warum die Tiere trotz ihrer vermeintlichen Wehrlosigkeit bis zu 700 kg schwer werden konnten. Immerhin beweisen die Dinosaurier, dass in frühen Zeiten ungleich mächtigere Tiere die Erde bevölkerten als heute. Ferner haben andere Funde aus Urumaco Riesenkrokodile (Purussaurus) und der Welt größte Schildkröten (Stupendemys geographicus) hervorgebracht.

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