Mit zwei Pfoten am Käfigdach entlang

Kennen Sie Scrat? Den Irren aus "Ice Age"? Er ist ein prähistorisches Eichhörnchen mit chronischer Nuß-Sucht und diese Nuß-Sucht verursachte in dem Animationsfilm so einige Katastrophen. Scrat war jedenfalls mein heimlicher Held des Films, weil er so liebenswert lustig war.

Wir sind im Herbst umgezogen. Eigene Bude, raus aus dem Elternhaus, gigantomanische Freiheit auf 54 Quadratmetern. Aber etwas fehlte: der kleine Begleiter.
Direkt an einer Hauptverkehrsstraße schickt man eine Katze in den Tod, Hunde sind zu teuer, und die Wohnung ist sowieso zu klein. Mäuse stinken aber ganz schön. Was also tun?

Wir haben uns für einen Hamster entschieden. Auf also in die Zoohandlung und einen Nager ausgesucht - geplant war ein "normaler" Goldhamster, aber im Käfig nebenan ereignete sich ein viel interessanteres Spektakel. Ein kleiner grauer Zwerghamster hing, beinahe wie Jesus am Kreuz (nur andersrum) in einer Ecke an den Käfigstäben und brachte uns sofort zum Lachen. Das hatten wir noch nie gesehen, aber wie der Kleine geklettert ist und ungeniert über seine Kameraden drübertrampelte, war einfach herzerwärmend komisch.

Wir wollten genau den. Egal wie alt, egal ob Männlein oder Weiblein, der kleine graue Dsungare sollte umziehen.
Die Fahrt nach Hause fand er nicht so toll, aber sobald der Käfig zuhause erst einmal eingerichtet war, ging die neugierige Beschnupperungstour los.

Scrat ist so lebhaft wie eh und je. Inzwischen wissen wir, dass sie eigentlich weiblich ist, was sich vor allem in übermäßigem Nestbautrieb äußert. Ihre Leibspeise sind Sonnenblumenkerne und Kohlrabiblätter. Davon bleibt nie was übrig.
Es dauerte einige Zeit, bis die Kleine wirklich zutraulich wurde. Das eiernde und laute Rad haben wir ausgetauscht und dann beschlossen, aus einem großen Karton ein Auslaufgehege zu bauen.

Dieses Gehege brachte den Durchbruch. Wie nebenbei saß die Kleine plötzlich auf meiner Hand, obwohl diese zuvor hauptsächlich Anknabberobjekt gewesen war. Wenn sie will, läuft sie auch bis zum Rücken hoch. Und sie vermag uns immer zu sagen, wenn sie schmusen will: Sie läuft in unsere Richtung und macht große Augen.

Scrat muss weiblich sein. Woran sonst könnten diese Stimmungsumschwünge liegen? Mal ist das Haus nicht gut genug zum Pennen. Dann geht es ins Rad. Man weiß nicht, warum. Mal wird das Futter gebunkert, bis die Backen breiter als das Becken sind, aber das wird alles nur gelagert. Gefressen wird später.

Doch das ist alles noch nicht lustig. Lustig ist, wenn klein Scrat durch eigens gebaute Klorollentunnel huscht und an allem hochklettert, was dafür in Frage kommt. Das kann das Haus sein, eine Graskugel, wenig erfolgreich auch die Außenseite des Laufrads. Vor allem aber sind es die Käfigstäbe. Zwar verbringt die Kleine die meiste ihrer wachen Zeit im großen Karton mit viel mehr Platz, aber auch Käfigstäbe scheinen Wohnfläche zu sein.

Jedenfalls schafft sie es, sich bis zur Decke hochzuhangeln und dann mit den Vorderpfötchen an selbiger entlang.
Bis ihr auffällt, dass sie nicht weiß, wie sie wieder runterkommt. Das wird dann mit einfachem Los- und Fallenlassen erledigt. Und ich bin stets entsetzt, aber der Hamster scheint Knochen aus Gummi zu haben. Und der Käfig ist ja nicht so hoch, ebenso das Heu drunter schön weich.

Im Augenblick ist ihre Spezialität, in ihrem großen Rad so schnell zu laufen, dass sie rausfliegt. Manchmal überschlägt sie sich auch und erschreckt uns zu Tode. Kann das normal sein?
Kann es normal sein, dass sie erst im Februar helles Fell bekommt?
Irgendwas läuft in unserem Hamster falsch. Aber genau deshalb lieben wir ihn, er ist einfach einzigartig. Er kann auf zwei Beinen laufen und mit dem Hintern vorwärts springen. Und wenn Scrat träumt, hört man leises Quieken.